Bei dem Verfahren für die ersten Klassen (SFD 1) handelt es sich um eine Einzelüberprüfung. Die Verfahren für die 2., 3. und 4. Klassen können gruppenweise evtl. auch klassenweise durchgeführt werden. Hierdurch kann ein guter Einblick in das Sprachniveau der gesamten Klasse gewonnen werden. Nicht nur Sprachdefizite bei Kindern nichtdeutscher Erstsprache sondern auch bei Kindern mit Deutsch als Erstsprache sind in den überprüften Bereichen wie z.B. Grammatik und Wortschatz, soweit vorhanden, erkennbar.
Die Verfahren für die 1. und 2. Klassen beinhalten eine Überprüfung des passiven Wortschatzes, der richtigen Anwendung von Präpositionen, des Gebrauchs von Artikeln (Klasse 2) bzw. der Pluralform und der Farbenkenntnis (Klasse 1) sowie der verbalen Ausdrucksfähigkeit. Das Hörverständnis der Erstklässler wird durch die Zuordnung von gesprochenen Sätzen zu verschiedenen Abbildungen und durch Fragen zu einem kurzen Text ermittelt.
Die Verfahren für die 3. und 4. Klassen überprüfen ebenfalls die Bereiche, die für die 2. Klassen genannt wurden, zusätzlich wird anhand von Fragen das Hörverständnis eines sprachlich komplizierteren Textes (Fabel) überprüft.
Zur Wortschatzüberprüfung
Um feststellen zu können, inwieweit Kinder nichtdeutscher Erstsprache am schulischen und außerschulischen Sprachhandeln teilhaben können, erscheint uns entsprechend unseres Konzepts eine Ermittlung des passiven Wortschatzes als sinnvoll. Bei der Ermittlung des passiven Wortschatz geht es nicht um die Feststellung des zur Verfügung stehenden Umfangs des Vokabulars, sondern um die Messung der Differenz des Wortschatz im Verhältnis zu gleichaltrigen Kindern mit deutscher Erstsprache.
Wir konnten feststellen, dass die Überprüfung des passiven Wortschatzes geeignet ist, den Grad der Sprachkompetenz
z.B. im Bereich des Verstehens zu ermitteln.
Zunächst musste die Frage geklärt werden, welcher Wortschatz für die entsprechende Klassenstufe relevant sein könnte. Als Orientierungshilfen haben wir Rechtschreib-Grundwortschatz-Bücher, Lesebücher und Sprachbücher der jeweiligen Jahrgangsstufen hinzugezogen und ca. 200 Wörter aus unterschiedlichen Begriffsfeldern ausgewählt. Ebenfalls haben wir bei der Auswahl darauf geachtet, dass drei wesentliche Wortarten: Nomen, Verben und Adjektive vorkommen. In einer Pretestphase wurden durch uns dann jene Wörter ermittelt, die Kindern mit der Erstsprache Deutsch im Allgemeinen geläufig, Kindern nichtdeutscher Erstsprache mit Sprachdefiziten, dagegen häufiger nicht bekannt sind.
Daraufhin verkürzten wir die Anzahl der Wörter für die 2. Klassen auf 30, für die 3. Klassen auf 16 und für die 4. Klassen auf 27. Im Gegensatz zur Wortschatzüberprüfung für die 1. Klassen wählten wir "schwierige" Wörter aus, d.h. zusammengesetzte und abgeleitete Wörter sowie Wörter mit Suf- und Präfixen, aber immer unter der Voraussetzung, dass diese Wörter von Kindern mit deutscher Erstsprache verstanden werden. Für die Wortschatzüberprüfung der 1. Klassen bzw. Seiteneinsteiger haben wir eine umfangreiche Sammlung an Wörtern ausgewählt. Die Anzahl sogenannter "leichter Wörter" wurde von uns aus pädagogischen Gründen bewusst hoch angesetzt, um Kindern mit geringen Deutschkenntnissen Erfolgserlebnisse zu ermöglichen.
Deutscher Wortschatz für Klasse 1
Das Material besteht aus sechs Bildtafeln (A bis F). Auf jeder Tafel sind vier Abbildungen zu sehen. Es handelt sich um 72 Wörter.
Das Kind bekommt bei jedem Durchgang zu jeder Karte einen Begriff genannt, und es soll das dazugehörige Bild zeigen.
Die Karten werden in zwölf Durchgängen vorgelegt.
D = Deutsch , E = Erstsprache
Zusätzlich besteht die Möglichkeit diese Wortschatzüberprüfung für die 1. Klasse in folgenden Erstsprachen in gleicher Weise mittels einer CD durchzuführen: Arabisch, Englisch, Griechisch, Italienisch, Kroatisch-Serbisch, Kurdisch, Persisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Tamilisch, Türkisch.
Farbenkenntnis
Die Überprüfung der Farbenkenntnisse (nur für die 1. Klasse) erfolgt sehr differenziert, auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass alle Kinder deutscher Erstsprache diese Farben beherrschen. Es sollen aber so viele Farben abgefragt werden, da gerade im 1. Schuljahr mit vielen verschiedenen Farben (Stiften) gearbeitet wird.
Zur Überprüfung der Präpositionen
Welche Bedeutung haben Präpositionen innerhalb unseres Sprachsystems und für das Sprachverstehen? "Die Präpositionen bilden, indem sie Wörter und Wortgruppen miteinander verbinden, ein adverbiales Verhältnis, ein Objektverhältnis oder ein attributives Verhältnis.(...)Beim Ausdruck eines Objektverhältnisses hat die Präposition nur einen syntaktischen Fügungswert. Es handelt sich um die semantisch nicht weiter analysierbaren Fälle von Rektion eines Verbs oder Adjektivs mit Hilfe einer Präposition. Auch beim attributiven Verhältnis hat die Präposition nur diese syntaktische Funktion der Rektion, wenn diesem Verhältnis eine Objektbeziehung zugrunde liegt.(...) Eine eigene Semantik haben die Präpositionen im wesentlichem nur, wenn sie zum Ausdruck adverbialer Verhältnisse dienen" (Helbig/Buscha, S. 412).
Da es uns bei der Feststellung der Sprachkompetenz zunächst um Fragestellungen des Verstehens geht, werden in erster Linie nur Präpositionen, die adverbiale Verhältnisse ausdrücken, berücksichtigt. Besonders wichtig für einen guten Schulstart eines Schülers wird das Verstehen und Umsetzen von Arbeitsanweisungen. Diese Arbeitsanweisungen sind häufig mit Präpositionen, die eine adverbiale Bestimmung des Ortes beinhalten, verbunden. Deshalb werden im Überprüfungsverfahren für die 1. und 2. Klassen ausschließlich Präpositionen dieser Kategorie abgefragt.
Von Schülern in den 3. und 4. Klassen ist bereits ein wesentlich differenzierter Sprachgebrauch zu erwarten, deshalb haben wir neben Präpositionen mit lokaler Bestimmung auch welche mit kausaler, temporaler, modaler und finaler Bedeutung dazu genommen.
Aufgaben bzw. Arbeitsanweisungen sind mit Zieldimensionen verbunden, das heißt, der Schüler soll etwas in einer bestimmten Art (modal), in einer bestimmten Umgebung (lokal), in einer bestimmten Zeit (temporal), in einem bestimmten Zusammenhang (kausal) usw. bearbeiten. Diese Bedingungsfaktoren (Determinanten) vermitteln sich sprachlich über Präpositionen. Die Möglichkeit, Aufgaben sach- und zielgerecht zu bearbeiten, hängt also neben den dazu notwendigen Fähigkeiten (Wissen und Können) in einem hohen Maße davon ab, inwieweit die Bedeutung der in der Aufgabe enthaltenen Präposition überhaupt richtig erfaßt worden ist. Dieser Zusammenhang ist gerade für den hier genannten Adressatenkreis von großer sozialer Bedeutung: Wie oft wird eine mangelnde Kompetenz deshalb unterstellt, weil durch ein mangelndes Verstehen kein Aufgabenverständnis entwickelt werden konnte.
Zur Überprüfung der Artikel
Immer wieder gibt es Diskussionen im Bereich des DaZ (Deutsch als Zweitsprache) Unterrichts, ob das Ziel des grammatisch richtigen Sprechens als Orientierung des DaZ-Unterrichts überhaupt gerechtfertigt ist. Insbesondere dann, wenn es bei derartigen Lernzielen nicht im Wesentlichen um die Erweiterung des begrifflichen Wissens (semantischen Zugewinns) bei der Zielgruppe geht.
Viele Wörter haben eine klar abgrenzbare Bedeutung, die man semantisch und lexikalisch bestimmen kann. Anders hingegen ist es bei den bestimmten, dem unbestimmten und dem Nullartikel. Sie besitzen keine klar abgrenzbare Bedeutung. Dies führte in der Vergangenheit teilweise dazu, dass auf einen grammatisch richtigen Spracherwerb verzichtet wurde.
Geht man davon aus, dass jedes nicht normgerechte Sprechen zu einer Störung des Kommunikationsprozesses führen kann, so kann auch eine grammatisch nicht normgerecht angewandte Sprache eine Störquelle für Kommunikation sein, ganz abgesehen davon, dass inzwischen in der Berufswelt mehr Qualifikation und damit auch entsprechend mehr Sprachkompetenz erwartet wird.
Da in der 1. Klasse auch Kinder mit deutscher Erstsprache teilweise noch Probleme im Umgang mit dem richtigen Kasus haben, wird ein entsprechendes Überprüfungsmaterial erst ab Klasse 2 zunächst für den Nominativ und ab Klasse 3 auch für den Dativ und den Akkusativ angeboten.
Singular/Plural
Statt der Überprüfung der Anwendung von Artikeln in der 1. Klasse, kann als "Grad" der sprachlichen Formenbildung eine Ermittlung der richtigen Pluralformbildung (als erste Orientierung) durchgeführt werden.
Text- und Hörverständnis
Eine entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme am Unterrichtsprozess ist die Entwicklung der Rezeption mündlicher Sprache (des Zuhörens). Gerade längere mündliche Phasen erfordern von allen Schülern ein hohes Maß an Konzentrationsfähigkeit, um die nötige analytisch - synthetische Aufgabe des Zuhörens zu realisieren. Sind in solchen Unterrichtsphasen zum Teil Kinder mit deutscher Erstsprache bereits überfordert, wieviel größer sind die Probleme dann erst für Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache. Sie müssen in der Lage sein, schwierige syntaktische Strukturen zu entschlüsseln und nebenbei unbekannte Wörter aus dem Kontext zu erschließen. Bei der geschriebenen Sprache hat der Leser die Möglichkeit, die Geschwindigkeit der Dekodierung selbst zu bestimmen. Die gesprochene Sprache stellt demgegenüber besondere Anforderungen an die unmittelbare Verfügbarkeit des Gedächtnisbesitzes, da der Inhalt nur einmal dargeboten wird.
Damit nun festgestellt werden kann, inwieweit Kinder der 3. und 4. Klassen diesen hohen Anforderungen bereits gewachsen sind, haben wir die Fabel: "Der Nordwind und die Sonne" von Aesop ausgewählt. Sie wird dem Kind bzw. der Klasse vorgelesen. Im Anschluß erhalten die Kinder Fragen zum Textverständnis. Die Fabel: "Der Nordwind und die Sonne" stellt aufgrund ihrer Wortwahl und Syntax hohe sprachliche Anforderungen an den Zuhörer, ist aber von Kindern mit deutscher Erstsprache, wie die Pretestphase (überraschenderweise) zeigte, leicht zu verstehen.
Für das Text- und Hörverstehen der Kinder in der 1. Klasse bietet das Verfahren 2 Möglichkeiten. Eine leichte Version: 12 einfache gesprochene Sätze werden entsprechenden Abbildungen zugeordnet. Bei der etwas schwierigeren Version muss das Kind zu einem kurzen vorgelesenen Text Fragen beantworten.
Mündliche Sprachproduktion
Die Güte des Unterrichts steht und fällt mit der Fähigkeit des Lehrers zu erkennen, ob ein bestimmtes Unterrichtsverhalten (Zurückhaltung, kurze Antworten) bei Kindern nichtdeutscher Erstsprache dem kindlichem "Naturell" oder seiner fehlenden Sprachkompetenz entspringt. Um dies feststellen zu können, hat sich die Methode des Nacherzählens bewährt.
Anhand einer Bilderfolge soll das Kind ermutigt werden, den abgebildeten Inhalt nachzuerzählen. Dieses Nacherzählen ist der Versuch einer Produktion von zusammenhängenden sprachlichen Mitteilungen unter gleichzeitiger Berücksichtigung und Beachtung der sprachlichen Normen.
Dies bedeutet für Kinder nichtdeutscher Erstsprache eine sehr anstrengende geistige Tätigkeit, da nur zum Teil auf ein bereits entwickeltes Sprachgefühl zurückgegriffen werden kann. Hingegen wird der Sprechakt des Kindes mit deutscher Erstsprache durch sein Sprachgefühl gesteuert. Einige Kinder nichtdeutscher Erstsprache haben bereits ein gutes Sprachgefühl in der Zweitsprache entwickelt, für andere ist aber die verbale Sprachproduktion ein anstrengender Vorgang, in dem die Verbindung der treffenden Wörter, der richtigen Sprachstrukturen und -formen häufig kontrastiv zur Erstsprache entwickelt werden muss.
Bei der Auswahl der Bildergeschichte haben wir darauf geachtet, dass sie zum einen aus der Erfahrungswelt des Kindes stammt, und zum anderen, dass die abgebildete Handlung es erforderlich macht, kausale Zusammenhänge zu versprachlichen. Deshalb lässt sich anhand der verbalen Reproduktion dieser Bildergeschichte die bereits erreichte Sprechkompetenz des Kindes qualitativ relativ gut beurteilen.
Fortsetzung auf den nächsten drei Karten ....
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